Das Beispiel Medicines Patent Pool

Steckbrief: Medicines Patent Pool MPP
Krankheiten: HIV, Tuberkulose, Hepatitis C
Bedeutung: HIV: Weltweit benötigen schätzungsweise 37 Millionen Menschen eine Behandlung ihrer HIV-Infektion, aber nur 15 Millionen erhalten die notwendigen Medikamente. Bei Kindern ist die Versorgung noch schlechter.
Tuberkulose: 9,6 Millionen Menschen weltweit sind an Tuberkulose erkrankt. Im Jahr 2014 starben 1,5 Millionen Erkrankte.
Hepatitis C: Nach Schätzung der WHO sind weltweit 130-150 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Etwa 500.000 sterben jährlich an den Folgen. Am stärksten betroffen sind Ländern mittleren und niedrigen Einkommens.
Erfindung: Neue Medikamente für HIV, TB und Hepatitis C
Erfinder: National Institutes of Health (Darunavir), University of Liverpool (Solid Drug Nanoparticle (SDN) technology), John Hopkins University (Sutezolid), verschiedene Pharmaunternehmen
Entwicklung: Verträge mit 15 Lizenznehmern (Generika-Hersteller). Derzeit über 100 Produkte in der Entwicklung.
Finanzierung: Vollständige Finanzierung durch UNITAID. Die Gelder stammen von regulären staatlichen Beiträgen und aus Steuern auf Flugtickets oder CO2-Abgaben.
Verwertungsmodell: nicht-exklusive Lizenz, differential pricing
Patentpool: Mit nicht-exklusiven Lizenzen neue Arzneimittel entwickeln


Der Medicines Patent Pool (MPP) wurde 2010 gegründet, um die Entwicklung neuer HIV-Medikamente voranzubringen. Das Angebot war geprägt durch eine Vielfalt an Medikamenten mit einem Wirkstoff, während in der Therapie Kombinationen mehrerer Wirkstoffe verwendet werden. Ziel war es deshalb, aus den Wirkstoffen mehrerer Patenthalter möglichst unkompliziert die Entwicklung neuer Kombinationspräparate zu ermöglichen. Dazu gehören auch Zubereitungsformen und Dosierungen, die für Kinder geeignet sind. Alle Produkte sollten so günstig wie möglich und weltweit verfügbar sein.
Der Medicines Patent Pool ist eine unabhängige Stiftung mit Sitz in Genf. Die Gründung wurde von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlen und von UNITAID umgesetzt. UNITAID übernimmt auch die Finanzierung. Hinter UNITAID verbirgt sich ein multinationales Projekt, das 2006 von mehreren Regierungen ins Leben gerufen wurde, um die weltweite Behandlung von HIV, TB und Malaria voranzubringen. Die Gelder stammen von regulären staatlichen Beiträgen und aus Steuern auf Flugtickets (z.B. aus Chile, Frankreich, Madagaskar, Mauritius, Niger, Republik Korea). Norwegen leitet einen Teil seiner Kohlendioxid-Steuer an UNITAID weiter.


Der MPP funktioniert als one-stop-shop. Der Patentpool ist zentraler Vermittler, über den alle Verträge unter transparenten Bedingungen abgewickelt werden. Patentinhaber bringen ihr Patent für einen Wirkstoff oder eine Technologie in den MPP ein. Der entsprechende Vertrag wird komplett online veröffentlicht. Wer ein Patent aus dem MPP nutzen will, um selbst ein Produkt zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, schließt einen Nutzungsvertrag mit dem MPP. Dabei werden die Royalities festgelegt sowie die Länder, in denen die Produkte auf den Markt gebracht werden dürfen.
Bisher wurden Verträge mit 15 Lizenznehmern (Generika-Hersteller) abgeschlossen (Stand April 2017). Mit den Erfindungen aus dem Patentpool werden derzeit über 100 Produkten entwickelt. Aus dem Bereich HIV haben beispielsweise die Pharmaunternehmen für alle wichtigen HIV-Medikamente ihre Patente in den Patentpool eingestellt, um die Entwicklung neuer Produkte speziell für die Bedürfnisse ärmerer Länder zu ermöglichen.

how it works diagram

Abbildung: www.medicinespatentpool.org


Mehrere öffentlich finanzierte Forschungseinrichtungen beteiligen sich ebenfalls: Die US-amerikanischen National Institutes of Health steuern den HIV-Wirkstoff Darunavir bei, die University of Liverpool stellt die Solid Drug Nanoparticle Technologie zur Verfügung. 2017 unterzeichnete die John Hopkins University einen Vertrag für das Tuberkulosemedikament Sutezolid. Wenn Universitäten ihre Patente in den Medicines Patent Pool einbringen, ermöglichen sie die Entwicklung günstiger und bedarfsgerechter Medikamente.